Automatisierte Fahrzeuge müssen unter Echtzeitbedingungen verlässliche Entscheidungen treffen. Die Entscheidungsfindung wird in Zukunft zumindest teilweise auf Deep-Learning Algorithmen beruhen, die nicht deterministisch arbeiten. Als Eingangsgrößen dienen die Werte zahlreicher Sensoren wie Kameras, Radar, Lidar und Ultraschall aber auch klassisch verbauter Sensoren, wie Beschleunigungs- und Geschwindigkeitssensoren. Daher fallen bei der Entwicklung von hochautomatisierten bzw. autonomen Fahrzeugen und insbesondere bei deren Erprobung im realen Umfeld sehr große Datenmengen an, die nach derzeitigem Wissen mit herkömmlichen Verarbeitungs- und Analyseverfahren nicht mehr bearbeitet werden können. Zur Lösung der Datenmengen-Problematik wird in laufenden Forschungsprojekten bereits eine On-Board Selektion der Daten in Echtzeit adressiert. Dies wirft aber die Frage auf, wie die Selektion der Daten, besonders der datenintensiven Sensor- und Umfeldmodelldaten, erfolgen soll und welche Verfahren dort zur Anwendung kommen. Die post-analytische Bewertung und Kontrolle von Fahrfunktionen im Rahmen der Erprobung erfolgt bislang auf Basis einer festen Liste kritischer und relevanter Fahrszenarien sowie aus umfangreichen im Feld aufgezeichneten Datensätzen. Es ist offen, wie eine effektive und effiziente Untersuchung von Systemschwächen gerade anhand von seltenen, ungewöhnlichen Fällen bereits während des Fahrbetriebs sowie aus aufgezeichneten erfolgen kann.
Neben dem heute üblichen eventbasierten Aufzeichnen wird in Zukunft insbesondere den Verfahren eine hohe Relevanz zugesprochen, welche mit Hilfe von KI selbständig Aufzeichnungen auslösen und markieren. Während des Fahrbetriebs soll entschieden werden, inwiefern es sich bei kontinuierlich anfallenden Daten um relevante, sub-kritische oder gar kritische Ereignisse handelt. Diese sollen extrahiert werden und anschließend in die Verbesserung oder Validierung des Systems einfließen. Das Projekt KIsSME soll hierzu Bewertungsverfahren und Kriterien untersuchen, um während des Betriebs mittels verschiedener Ansätze wie beispielsweise einer schnellen Verkehrsflusssimulation oder Anomaliedetektionsansätzen und der Nutzung von maschinellen Lernmethoden Szenarien wieder-zuerkennen oder signifikante Abweichungen zu identifizieren.
Zusätzlich zu regelbasierten Ansätzen, soll mit Hilfe von KI die Identifikation von kritischen Fahr-szenarien erfolgen. Entspricht ein Fahrszenario einem kritischen Testszenario, soll dieses für die Postanalyse der Daten entsprechend automatisiert markiert und Sensordaten wie auch ASAM OpenX konforme Szenariendaten extrahiert werden. Gleichzeitig sollen neue, bisher nicht modellierte Testszenarien auf Basis der Beobachtungsdaten gelernt werden. Damit können in Zukunft Algorithmen für hochautomatisierte und autonome Systeme effizienter trainiert werden. Durch die in KIsSME erzielten Erkenntnisse wären damit auch erweiterte Selbst-Diagnosen möglich. Eine Evaluation der entwickelten Methoden soll anwendungsnah durch Einsatz unterschiedlicher automatisierter Fahrzeugsysteme in mehreren Anwendungsfällen wie PKW, Transporter, People-Mover und unbemanntes Nutzfahrzeug erfolgen.
Am 25.05.22 fand die zweite Versuchsfahrt auf dem KIT Campus Ost statt. Aufgenommen wurden kritische Verkehrsszenarien in Kreuzungsbereichen mit verschiedenen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern, Fahrradfahrern und Autos. Wir danken der Werksfeuerwehr des KIT, die uns mit einem Einsatzfahrzeug unterstützte und einen Einsatz im Kreuzungsbreich simulierte.
Demonstration der im Projekt erarbeiten Lösungen zur selektiven echtzeitnahen Aufnahme von Szenarien- und Manöverdaten.
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Dr.-Ing. Christian Schyr
AVL DEUTSCHLAND GMBH
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